Marcus Rominger: Uns fehlt bei GOAL die breite Masse““

Im Jahre 2010 wurde die Spielergewerkschaft GOAL gegründet. Das Ziel war mehr Mitspracherecht bei der Terminplanung, der Lizenzierung und den Dopingkontrollen. Im exklusiven HANDBALL.DE-Interview spricht der Gründer und ehemalige Bundesligatorwart Marcus Rominger über die Schwierigkeiten, alle Spieler miteinander zu vereinigen. HANDBALL.DE: Herr Rominger, GOAL ist bereits die zweite Bemühung, eine Spielergewerkschaft zu gründen. Woran ist Versuch Nummer 1 gescheitert?
Rominger: Der erste Versuch, das war in den Jahren 2006 / 2007, ist an der Ignoranz vieler Spieler gescheitert. Viele Akteure, dazu zählten sogar einige Nationalspieler, sahen keine Notwendigkeit. Die Solidarität besserverdiender Handballer mit den Spielern finanziell angeschlagener Vereine kam überhaupt nicht zu tragen.“ HANDBALL.DE: Warum begann drei Jahre später mit GOAL ein neuer Versuch? 
Rominger: „Der Aufhänger war ein Aufruf von Gudjon Valur Sigurdsson, der damals noch für die Rhein-Neckar Löwen aktiv war. Primär ging es um einen Spieltag, der für den 1. Januar angedacht war. Mit einer großen Unterschriftenaktion innerhalb der Bundesliga wurde klar gestellt, dass die Spieler am Neujahrestag nicht spielen möchten.“ HANDBALL.DE: Die Aktion hatte damals Erfolg, auch wenn die Unterschriftenaktion nicht der einzige Grund dafür war. Trotzdem: War das der Beweis, dass ein Zusammenschluss der Spieler doch sinnvoll sein könnte? 
Rominger: „Das war jedenfalls der Anstoß. Johannes Bitter (Torwart vom HSV, Anm.d.Red.) stieß schnell dem Team hinzu. Der ausschlaggebende Punkt war, dass die Nationalmannschaft diesmal mit an Bord war.“ HANDBALL.DE: Im Jahre 2010 wurde GOAL gegründet. Alle Spieler der ersten beiden Ligen können beitreten. Wie viele Mitglieder hat die Spielervereinigung aktuell?
Rominger: „Um die 100.“ HANDBALL.DE: Bei über 600 Spielern in den ersten beiden Ligen ist das sicherlich eine noch ausbaufähige Zahl. Warum sind die Handballprofis bei den Anmeldungen so zurückhaltend? Am Monatsbeitrag von 10 oder 20 Euro je nach Einkommen dürfte es kaum liegen. 
Rominger: „Da muss ich Ihnen leider widersprechen. Das Geld ist in vielen Diskussionen ein wichtiger Faktor. Viele Spieler fragen, warum die Mitgliedschaft überhaupt etwas kostet.“ HANDBALL.DE: Was antworten Sie darauf?
Rominger: „Dass es ein Office geben muss, in dem alle Vorgänge organisiert werden. Eine Bürokraft muss bezahlt werden. Ehrenamtlich lässt sich das nicht komplett stemmen. Außerdem bräuchten wir einen Außendienstmitarbeiter, der die Vereine besucht und dort die Fragen der Spieler beantwortet. Noch fehlen uns leider die Einnahmen dafür.“ HANDBALL.DE: Gibt es auch kritische Stimmen von Handballspielern gegenüber GOAL? 
Rominger: „Es gab tatsächlich aus einigen Mannschaften den Vorwurf, unsere Organisation würde sich lediglich darum kümmern, dass Top-Spieler einen Einfluss auf den Terminkalender haben. Aber das ist nicht richtig. Es geht vielmehr darum, dass die Spieler auf sämtliche Themen Einfluss nehmen können und zu wegweisenden Gesprächen eingeladen werden.“ HANDBALL.DE: Sie haben es gerade angesprochen: GOAL möchte unter anderem in die Planung des Terminkalenders mit einbezogen werden. Wird eine Spielervereinigung bei diesen Themen überhaupt erhört? 
Rominger: „Wir sind glücklicherweise Mitglied der gesamtspielerischen Vereinigung European Handball Players Union (E.H.P.U.). Diese hat einen Sitz im Gremium der European Handball Föderation (EHF). In diesem Gremium wird unter anderem über die Spielplanung gesprochen. Dort können wir zumindest unsere Bedenken äußern. Um wirklich Druck auszuüben, fehlt uns allerdings noch die breite Masse. Stand jetzt haben wir noch kein Druckpotential.“ HANDBALL.DE: Wie ließe sich denn die Belastung für die Spieler reduzieren?
Rominger: „Ich denke, vier Großturniere in vier Jahren wären völlig ausreichend. Wir brauchen kein fünftes im Olympiajahr dazu.“ HANDBALL.DE: Sie sprachen gerade das fehlende Druckpotential an. Wie viele Mitglieder wären notwendig, um wirklich etwas bewegen zu können?
Rominger: „Mit mehr als 60 Prozent aller Spieler, zumindest in der Bundesliga, hätte man eine breite Masse.“ HANDBALL.DE: Außerdem würde GOAL gerne in den Lizenzierungsprozess mit einbezogen werden. 
Rominger: „Das ist richtig. Ich möchte jetzt noch nicht auf die Details eingehen. Wichtig ist einfach, dass die Gehälter der Spieler sichergestellt sind.“ HANDBALL.DE: Ein weiterer Punkt sind die Dopingbestimmungen. Was wäre daran zu verbessern? 
Rominger: „Das ist eigentlich das Kerngebiet von Johannes Bitter. Aber ich versuche es kurz zu erklären: Über das Internet müssen die Spieler heutzutage ihre Anwesenheiten bekanntgeben. Speziell Nationalspieler müssen, ich glaube, 23 Stunden ihres Tages weit im voraus komplett durchgeben. Sie müssen zum Beispiel offenlegen, wo sie schlafen und wann sie trainieren. Nun nehmen wir einmal an, der Trainer ändert kurzfristig den Trainingsplan und der Spieler kann das nicht rechtzeitig über das Internet eingeben. Würde dann der Prüfer in der Trainingshalle stehen und den Spieler nicht antreffen, könnte das bereits als missratener Versuch gelten.“ HANDBALL.DE: Johannes Bitter hat in den Medien schon einmal klar gestellt, dass man keinesfalls gegen effektive Dopingkontrollen sei. Nur der tiefe Eingriff in die Privatsphäre sei zu kritisieren. 
Rominger: „Ganz genau. Das ist nicht nur im Handball zutreffend. Ein Basketball-Nationalspieler hat kürzlich erleben müssen, dass um sechs Uhr morgens ein Prüfer vor der Tür stand. Wir würden uns einfach einen menschenwürdigeren Umgang bei den Dopingkontrollen wünschen.“