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Heine Jensen: Wir sind nun gereifter““

Mit drei Siegen und einer Niederlage hat sich die deutsche Frauen-Nationalmannschaft für die Europameisterschaft 2014 in Ungarn und Kroatien qualifiziert. Am Donnerstag blicken Heine Jensen und die DHB-Frauen nun gespannt auf die Auslosung (13 Uhr) in der kroatischen Hauptstadt Zagreb. Zuvor sprach der Bundestrainer noch mit HANDBALL.DE-Mitarbeiter Oliver Jensen über die Auslosung und über die Qualität des deutschen Handballs. Handball.de: Herr Jensen, die Auslosung steht bevor. Welchen Nationen würden Sie gerne aus dem Wege gehen?
Heine Jensen: Darüber denke ich überhaupt nicht nach. Die internationale Spitze ist sehr eng. Nationen wie Spanien, Russland, Dänemark, Norwegen, Schweden, Rumänien, Montenegro, Frankreich und auch wir können an einem guten Tag jeden schlagen. Wir wissen, dass wir uns vor niemandem verstecken müssen. Genauso ist uns bewusst, dass wir gegen viele Mannschaften Probleme bekommen, wenn wir keine Top-Leistung bringen.“ Handball.de: Ihre Kreisläuferin Anne Müller kündigte bereits an, dass Sie das Halbfinale bei der Europameisterschaft für realistisch hält. Wie ist Ihre Meinung dazu? 
Jensen: „Sicherlich ist das realistisch – aber nicht nur für uns, sondern für viele Nationen. Der Erfolg bei einem Großturnier hängt von mehreren Faktoren ab. Das Wichtigste ist natürlich, dass alle gesund bleiben. Aber auch die Geschehnisse im Verein der einzelnen Spielerinnen sind wichtig. Wie lief die Saisonvorbereitung? War die erste Saisonhälfte erfolgreich? Das hat einen großen Einfluss. Überhaupt hängt der Erfolg von ganz vielen Kleinigkeiten ab. Das hat sich auch bei der Europameisterschaft 2012 gezeigt…“ Handball.de: Bei der die deutsche Nationalmannschaft den siebten Platz belegte… 
Jensen: „… nur mit viel Glück haben wir im letzten Gruppenspiel Kroatien mit einem Tor besiegt. Ansonsten wären wir bereits nach der Vorrunde ausgeschieden. Und direkt danach spielten wir die beste Hauptrunde aller Mannschaften. Ärgerlich war nur, dass wir keine Punkte aus der Vorrunde mitgenommen hatten und deshalb nicht in das Halbfinale kamen. Es ist ganz wichtig, bereits in der Vorrunde die Punkte zu holen. Ansonsten ist es kaum möglich, in das Halbfinale zu gelangen.“ Handball.de: Ist Ihre Mannschaft nun vielleicht gereifter als damals? 
Jensen: „Ich denke tatsächlich, dass wir gereifter sind. Bei einer Europa- und Weltmeisterschaft braucht man Spielerinnen, die in den entscheidenden Partien Top-Leistungen abrufen können. Je mehr man von dieser Sorte hat, desto besser. Bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr haben wir bereits ein Achtel- und ein Viertelfinale gespielt. Das sind wichtige Erfahrungen gewesen.“ Handball.de: Wo Sie gerade von Erfahrungen sprechen: Wie wichtig ist es, dass Spielerinnen wie Clara Woltering oder auch die Spielerinnen vom Thüringer HC regelmäßig in der Champions League auf höchstem Niveau spielen? 
Jensen: „Das ist zwar keine zwingende Voraussetzung, um mit der Nationalmannschaft erfolgreich zu sein. Aber natürlich sind Spiele auf hohem Niveau hilfreich. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, dass der Thüringer HC so weit gekommen ist. Die Mannschaft hätte ein Platz beim Final-Four verdient gehabt.“ Handball.de: Wo sehen Sie die Bundesliga im internationalen Vergleich? 
Jensen: „Da gibt es verschiedene Meinungen. Meiner Meinung nach gibt es viele starke Mannschaften. In der vergangenen Saison ist der Thüringer HC ganz souverän Meister geworden. Mit nur einem Minuspunkte die Spielzeit abzuschließen, ist eine sehr starke Leistung. Ansonsten aber ist die Liga sehr ausgeglichen. Besonders auswärts ist es schwierig, zu bestehen. In so einer Liga können sich meine Nationalspielerinnen gut präsentieren.“ Handball.de: Aber nun einmal ehrlich: Das letzte Mal, dass eine deutsche Mannschaft die Champions League gewann, war im Jahre 1991. 
Jensen: „Das sagt nicht unbedingt etwas über die Qualität der Liga aus.“ Handball.de: Das heißt, die Spielerinnen können sich in Deutschland genauso gut entwickeln wie in den ausländischen Top-Ligen? 
Jensen: „Ja. Manche mögen mich als Optimisten bezeichnen. Aber ich kenne die Leute, die in den Vereinen arbeiten. Die tun alle ihr Bestes und leisten hervorragende Arbeit.“ Handball.de: Inwiefern könnte sich der Kader der Nationalmannschaft bis zur Europameisterschaft noch verändern? 
Jensen: „Die Tür ist weiterhin für alle Spielerinnen offen. Isabell Klein und Katja Schülke sind nach ihren Schwangerschaften auf dem Weg zurück. Wir müssen abwarten, wie die beiden zurückkommen. Überhaupt gibt es viele Spielerinnen, die bei uns an die Tür klopfen. Die Qualität in der Nationalmannschaft ist in den letzten Jahren größer geworden. Jede muss um ihren Platz kämpfen.“ Handball.de: Das letzte EM-Qualifikationsspiel fand im Rahmen einer Mix-Veranstaltung im Vorprogramm der Männer statt. Halten Sie es für möglich, dass die Frauen auch alleine bald größere Hallen füllen? 
Jensen: „Wir können lediglich versuchen, so viele Spiele wie möglich zu gewinnen. Dann wird sich zeigen, wie viele Zuschauer wir maximal noch anlocken können. Beschweren können wir uns ohnehin nicht. Wir haben auch alleine viele Fans, die gerne zu unseren Spielen kommen. “ Handball.de: Wie bedauerlich ist es für den deutschen Handball, dass die Männer die Qualifikation für die Weltmeisterschaft verpasst haben? 
Jensen: „Das ist sehr schade. Ich hätte es meinem guten Trainerkollegen Martin Heuberger und der gesamten Mannschaft gewünscht, die WM zu erreichen. Polen ist natürlich eine schwere Aufgabe gewesen.“ Handball.de: Könnten dafür nun die Frauen mehr öffentliche Aufmerksamkeit erhalten? 
Jensen: „So denke ich nicht. Es geht generell um den deutschen Handball. Meiner Meinung nach gibt es zwischen den Männer und Frauen ein Synergieeffekt. Daher ist das Scheitern sehr bedauerlich. Wir werden nun alles tun, um den deutschen Handball bei der EM gut zu präsentieren.“