Der Patient aus Flensburg

Die Krankenakte der SG Flensburg-Handewitt füllt sich. Das Minimalziel, auch nächste Saison international vertreten zu sein, könnte mit dem schmalen Kader in Gefahr geraten. Der Frust war groß. Nach der 28:31 Niederlage beim HSV verließ Ljubomir Vranjes fluchend die Halle. Einen Plastikbecher, der sich ihm in den Weg stellte, schoss er wutentbrannt durch die Gegend. Ich bin bei jeder Niederlage sauer. Manchmal muss ich das rauslassen“, sagte der Flensburg-Trainer einige Minuten später. Der 39-Jährige hatte sich mittlerweile etwas beruhigt und konnte das Spiel analysieren. „Wir haben gekämpft und unsere Sache gut gemacht. Aber es ist schwierig, beim HSV auswärts zu gewinnen. Trotzdem bin ich stolz auf meine Mannschaft“, gab er zu Protokoll. Dass seine Mannschaft beim Champions League Gruppenspiel einen Sieben-Tore-Vorsprung verspielte, mag zwar ärgerlich sein. Doch die Verletzungssorgen bereiten dem Trainer weitaus mehr Kopfzerbrechen.Ersatz für Atlason gesucht Bei einem Gegenstoß zu Anfang des Spiels brach Rückraumspieler Arnor Atlason plötzlich zusammen. Mit einer Trage musste der 28-Jährige vom Feld gebracht werden. Sein schmerzverzerrtes Gesicht verhieß nichts Gutes. „Wir müssen davon ausgehen, dass er sich die Achillessehne gerissen hat“, sagte Vranjes nach Spielende. Sollte sich der Verdacht bestätigen, würde er für die ganze Saison ausfallen. „Es tut mir unendlich leid für ihn. Er ist zu uns gekommen, um alles für den Verein zu geben“, so der Trainer weiter. Die Verletzungsprobleme der SG Flensburg-Handewitt scheinen kein Ende zu nehmen. „Wenn mit Kaufmann, Djordjic und Atlason drei unserer wichtigsten Rückraumspieler fehlen und wir darüber hinaus mit weiteren Verletzungen zu kämpfen haben, gehen auch uns die Möglichkeiten aus“, sagte ein ratloser Geschäftsführer Dierk Schmäschke. Muss der Nordverein sich aufgrund der Verletzungssorgen noch einmal verstärken? „Wir werden darüber nachdenken, was möglich ist“, so Schmäschke. Vranjes fand deutlichere Worte: „Natürlich müssen wir jemanden finden. Ansonsten wäre die Belastung für die noch gesunden Spieler viel zu groß.“ Bereits auf der Rückfahrt nach Flensburg, so kündigte Vranjes jedenfalls an, werde er ein wenig herumtelefonieren. Mangelnder Nachwuchs Aus dem eigenen Nachwuchs ist keine Verstärkung zu erwarten. Der 19-jährige Malte Voigt konnte bei seinem kurzen Einsatz keine Akzente setzen. Morten Dibbert (21), Marc Blockhaus (20) und Thies-Jakob Volguardsen (23) blieben das ganze Spiel draußen. Sie wurden praktisch nur mitgenommen, um die Bank zu füllen. „Es ist gut, wenn sie die Atmosphäre mitbekommen und sehen, wie auf diesem Niveau gespielt wird“, sagte Vranjes. Der Gedanke, sie einzusetzen, kam ihm nicht. „Wenn die Jungs ihre Chance kriegen wollen, müssen sie auch die Qualität haben“, erklärte der Trainer. Am Vorabend hatte er ein Spiel seiner zweiten Mannschaft gesehen. „Und das war wirklich schlecht“, gab Vranjes zu. Es läuft nicht alles rund in Flensburg. Auch die Neuzugänge Steffen Weinhold (26) und Maik Machulla (35) zeigen teilweise noch Anpassungsschwierigkeiten. „Jeder neue Spieler braucht Zeit. Daher müssen wir Geduld haben. Leider fehlt uns die Zeit, um uns im Training einzuspielen. Bis Ende Dezember haben wir alle drei Tage ein Spiel“, bedauerte Vranjes. Es ist schwer zu beurteilen, wie groß das Leistungsvermögen der SG Flensburg-Handewitt wirklich ist. Eine starke Mannschaft wie die Füchse Berlin wurde Ende Oktober praktisch deklassiert, einem vermeintlich schwächeren Team wie Hannover-Burgdorf unterlag man. „Die Liga ist enger zusammengerückt“, lautet die Erklärung des Trainers. Mannschaften, die man praktisch automatisch besiegt, gäbe es in der Bundesliga kaum noch. Mannschaft muss enger zusammenrückenBereits am Mittwoch steht die nächste Partie in Gummersbach ein. Arnor Atlason wird höchstens als Zuschauer dabei sein. Immerhin: Die SG hat in Hamburg gezeigt, dass sie (zumindest zeitweise) auch diesen Ausfall kompensieren kann. „Wir müssen enger zusammenrücken, wenn der Kader immer kleiner wird“, sagte Holger Glandorf. „Wenn wir die gleiche Einstellung haben wie gegen den HSV und unsere Fehler abstellen, haben wir gute Möglichkeiten, in Gummersbach zu gewinnen.“ Zumindest das Selbstvertrauen ist bei der SG noch nicht ausgefallen. „